Der Berliner Sandbox Workshop - Résumé von Roberta Buiani & Alessandra Renzi

21.03.2012

Der Berliner Sandbox Workshop - Résumé von Roberta Buiani & Alessandra Renzi

Roberta Buiani and Alessandra Renzi during the workshop at transmediale 2K12

Die Berliner Sandbox war der zweite Teil einer Serie von Labs, die im Oktober 2011 in Toronto begonnen hatten und 2012 Städte wie Montreal, New York und Mexiko City bereiste.

Activism Beyond the Interface: The Sandbox Project (Workshop auf der transmediale 2K+12)

 

Die Berliner Sandbox war der zweite Teil einer Serie von Labs, die im Oktober 2011 in Toronto begonnen hatten und 2012 Städte wie Montreal, New York und Mexiko City bereiste. Ziel des Projektes ist es, über neue Herausforderungen nachzudenken, die zur Zeit entstehen. Künstler und Aktivisten arbeiten vermehrt zusammen und solche heterogenen Zusammensetzungen prägen die momentane Politik (Occupy, Anonymous, etc.), während gleichzeitig verschiedene technische Muster das Potenzial der radikalen Medien, des Hacktivism und des Aktivismus ausreizen.

 

Das Sandbox Projekt verbindet die traditionellen verbalen Formen der Debatte mit relationellen Übungen. Dadurch werden die gewohnten Muster der Denkens und Sprechens neu geordnet und es entsteht ein Ort der Experimente und des gegenseitigen Vertrauens. Jedes Lab knüpft an die Themen an, bei denen zuletzt aufgehört wurde (in diesem Fall bei den Konzepten von Pflege und Vertrauen zwischen Individuen und in Gruppen). So können die Treffen von Stadt zu Stadt weitergegeben werden. Im Zusammenhang der transmediale beschäftigten wir uns mit Aspekten wie "interoperability", Ökologie, Zusammenarbeit und Dialog, um erste Anlaufpunkte für das Treffen zu schaffen.

 

Die Aktivitäten verfolgten drei Fragen:

1. Wie können wir lernen, Unterschiede anzunehmen und zu pflegen, ohne sie einfach auszuradieren? Hierbei geht es mehr um den Lernprozess als darum, eine konkrete Lösung zu finden.
2. Was bedeutet es, Inkompatibiltität in unser Denken und soziale "interoperability" in Aktivismus einzubinden? Wie kann Technologie hierbei mehr bieten als ein bloßes statisches Interface?

3. Wie können wir die Bedeutung und die Funktion von zusammenarbeit neu definieren und ausweiten?

 

Diese Fragen wurden von den Teilnehmern thematisiert und ausgebaut, während sie die Werkzeuge nutzten, die die Sandbox zur Verfügung stellte (kurze Texte, mitgebrachte Objekte, Bastelmaterialien) und sich mit anderen auf verschiedene Arten auseinander setzten: durch Literatur, ihre Körper, durch Diskussionen und Übungen. In vier Stunden intensivem Engagement und Zusammenarbeiten wurde eine Performance co-entwickelt, die das Publikum des Café Globals miteinbezog und den Ort in einen Raum für ‘social interoperability’ verwandelte. Häufige Themen, die während des Labs auftauchten, waren Vertrauen und Vertrauensaufbau, die in die öffentliche Performance mitaufgenommen wurden und das Publikum so dazu brachten, sich an der Schlussdiskussionen der Sandbox zu beteiligen. Dabei wurde zu Beginn der Performance Essen an die Leute im Publikum verteilt, um es ihnen gemütlich zu machen und an das Thema der Ernährung aus der Diskussion anzuknüpfen, die in Toronto begonnen hatte. Schließlich bewegten wir uns langsam von der Performance, bei der das Publikum dazu aufgerufen wurde, uns Dinge zu leihen (Dokumente, Geld, sogar Ideen), zu einem Frisbee-Spiel von stillen Siamesischen Zwillingen (bei dem die Spieler zusammen gebunden wurden und ihre Ideen zur Zusammenarbeit auf eine Frisbeescheibe schrieben). Eine Reihe von Telefoninterventionen kehrten die Idee des willkürlichen Telefonservice R15N von den Telekommunisten um, das auf der transmediale aufgebaut war. Bei uns gaben mysteriöse Anrufer dem Publikum Aufgaben, um sie dazu zu motivieren, ihre Abneigung gegenüber Face-to-Face Kommunikation abzulegen und unbekannten Menschen zu vertrauen.

 

Im Anschluss an diese Phasen setzten wir uns mit dem Publikum zusammen in die Sandbox und planten eine potentielle aktivistische Maßnahme. Zusammen mit den Diskussionen während des Labs war diese Debatte hier die wichtigste und spannendste der Veranstaltung. Wir legen stets mehr Wert darauf, den Austausch zwischen den Teilnehmern zu fördern als ein Ergebnis der Performance vorweisen zu können. In den Diskussionen sind die Menschen eingeladen, über ihren Tellerrand zu schauen, und so entstehen neue Ideen und Möglichkeiten, die in herkömmlichen Panels niemals aufkommen würden.

 

Es wurde viel darüber gesprochen, was die gesunde Grundlage für Dialog und Zusammenarbeit ist. In Anknüpfung an das vorherige Lab redeten viele Leute über das Problem, Vertrauen aufzubauen oder es wiederzufinden, nachdem zwischen Individuen oder in Gruppen Probleme und Imkompatibilitäten aufgetaucht waren. Dieses Element wurde aus mehreren unterschiedlichen Blickwinkeln beleuchtet und schuf Fragen darüber, wie man über Strukturen der Verantwortlichkeit nachdenken sollte. Wie kann man ein Vokabular entwickeln, das uns dabei hilft, unbewusste Machtstrukturen, sichere Orte, Verletzlichkeit und Konsens anzusprechen? Wie können persönliche Probleme die Gruppendynamik in Kollaborationen beeinflussen?

 

Wir hatten nicht erwartet, Lösungen dieser Probleme zu finden. Trotzdem konnten wir eine Basis aufbauen, auf die neue Fragen aufgebaut werden können und die das Netzwerk von Leuten erweitert, die sich mit diesen Fragen beschäftigen. Die Lab-Teilnehmer waren besonders angetan von der Idee, sich von traditionellen Interfaces für Zusammenarbeit und Bündnisse zu lösen und einen Raum für Teilnehmer ganz physisch zu besetzen, was meist Onlineplattformen zugewiesen wird. Wir hoffen, dass all die tollen Stränge, die in den verschiedenen Labs entwickelt wurden, zu einem alternativen und offenerm Umgang mit der Rolle von Zusammenarbeit zwischen Künstlern und Aktivisten zusammengewebt werden können. Wir wünschen uns, dass die Leute in ihrem täglichen Leben, ihrer Arbeit und ihrer Kunst die Fragen weiterdenken können, die zusammen mit uns auf der transmediale begonnen wurden. 

 

Wir bedanken uns bei all den großartigen Sandbox Teilnehmern für ihre Offenheit, ihre Zusammenarbeit und ihre Bereitschaft, verwundbar zu sein.

 

Schaut häufiger mal in unseren Blog, den wir mit Material der nächsten Labs füllen werden. Wir werden auch neue Orte ankündigen, neue Ideen, Strategien zur Zusammenarbeit und Diskussion veröffentlichen. Schreibt uns einfach, wenn ihr Vorschläge oder Kommentare habt oder einfach nur in Kontakt bleiben wollt.

 

Findet uns auf http://www.sandboxproject.wordpress.com

Oder schreibt uns eine Email an sandbox.prj@gmail.com

Real-Time Updates  @SandboxPrj

 

Englischer Originaltext von Roberta Buiani und Alessandra Renzi

Photo: © Fleur Augustinus / transmediale

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